Aufwärtstrend – Teil 1

17. Juli 2021

Mit der Qualifikation für die World Games hat das deutsche Nationalteam im Orientierungslauf einen großen Schritt gemacht – vor allem auch in Richtung Fördermöglichkeiten in den kommenden Jahren. Eine der besten Staffelplatzierungen eines deutschen Teams überhaupt bei den Weltmeisterschaften 2021 in Tschechien war Anlass genug mal genauer die Details zu analysieren.

Ausgangspunkt

Chef-Bundestrainer der Elite Thomas Meier schrieb dazu auf o-sport.de: „Durch den Ausfall der Sprint-OL-WM 2020 musste die IOF auch einen neuen Qualifikationsmodus finden. Und das war die verbliebene kleine Chance, nach den Heimspielen von 2005 in Duisburg erstmals wieder ein deutsches Team entsenden zu können.“

Genau diese Chance hat das deutsche Team genutzt. Dazu schrieb der Bundestrainer: „Nach der mit Abstand besten Teamleistung in den Einzelwettkämpfen – zum Vergleich: bei den letzten vier "Voll-WMs" gab es jeweils drei bis vier Top-40 Plätze, in diesem Jahr waren es elf (!) – folgte in der Staffel tatsächlich die erhoffte und erklärte "Lieferung". Mit einem souveränen 12. Platz legte die Frauenstaffel mit der Maximalpunktzahl von 10 vor, die Männer zogen nach. Der fantastische 8. Staffelrang bedeutete 9 Punkte und machte die Sache klar und Deutschland qualifiziert sich schließlich deutlich für "The World Games 2022" in Birmingham, Alabama.“

Weiterhin schrieb Thomas Meier: „Mehr zur Bedeutung der World Games für den deutschen Orientierungslauf, was die World Games sind und was nötig ist, damit der Aufwärtstrend im Bundeskader weiter gehen kann, folgt in einem späteren Artikel.“

Aktuelle finanzielle Einordnung

Um die Sache wenigstens in Ansätzen vorher aufzulösen, wurde die Seite des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) aufgerufen und dort in das zuletzt veröffentlichte Dokument zur Förderung der nichtolympischen Sportarten im Spitzensport geschaut (Stand 2020).

Der Orientierungslauf ist eine olympisch anerkannte, nichtolympische Sportart.

Im Dokument wird beschrieben, wie über einen Zeitraum von vier Jahren je nach Eingruppierung unterschiedlich hohe Fördersummen für den Spitzensport ausbezahlt werden. In Bezug auf den Orientierungssport bzw. Orientierungslauf wurden schon in den vergangenen zwei Förderzyklen die Anträge über bzw. durch den Deutschen Turner-Bund (DTB) als Mitgliedsorganisation des DOSB gestellt, was wiederum nach der Genehmigung durch die finanziell stark angespannte Situation des DTB zur Folge hatte, dass alle weiteren Gelder vom DTB fast auf 0 gesetzt wurden (ausgenommen blieben lediglich 50% des Betrages für den Internationalen Orientierungssport-Verband), so dass zwar der Spitzensport über ein Budget verfügt, alle weiteren Bereiche allerdings kaum finanzielle Mittel haben. Inwieweit dort in der Vergangenheit eine Mittelverteilung zwischen den Spitzensportbereichen in den einzelnen Orientierungssportarten geschah bzw. in Zukunft geschehen soll bzw. zulässig ist, kann ich nicht beurteilen.

Daher bin ich auf die neue Einordnung und den Bericht von Bundestrainer Thomas Meier gespannt. 

Genau das Vorgehen der vergangenen Jahre war auch einer der wesentlichen Gründe, warum der Deutsche Orientierungssport-Verband gegründet wurde, da eine nationale Arbeit eben nicht nur aus Spitzensport und wenigen weiteren Veranstaltungen, welche z.B. über eine eigene Wettkampfabgabe finanziert werden, bestehen kann. Dabei reicht ein Blick auf die aktuell gut besetzten Trainerpositionen auf Bundesebene, während im Technischen Komitee (TK) zahlreiche Positionen frei sind. Zwei Positionen im TK sind durch dieselbe Person besetzt.

In den historischen Unterlagen (z.B. OLN 2/1993) wird in Ansätzen sichtbar, was das TK früher an Aktivitäten durchgeführt hat und was die Mittelkürzung konkret für Auswirkungen hatte. Im gezeigten Beispiel entfallen selbst die für jede Sportart lebensnotwendigen Hilfestellungen zu Breitensport-Aktionen, da keine Gelder mehr da waren. Dass es überhaupt mal so etwas gab, wissen wohl kaum noch Orientierungssportler. Die Liste an Kürzungen über die Jahre ist lang. Als Fazit blieben oder entwickelten sich diejenigen Vereine mit viel Erfahrung und Engagement. Auch das ist ein weiterer Puzzlestein vom Rückgang der Orientierungssportler von 10000 im Jahr 1990 auf den heutigen Wert. Interessanterweise konnten selbst die Finanzen auf Landesebene über die Turnverbände augenscheinlich auch nur in einigen Bundesländern den Trend aufhalten bzw. ggf. veränderrn. 

Kuerzung Kinder-OL

Realistisch gesehen gibt es aus meiner Sicht auf Bundesebene pro Jahr einen Fehlbetrag von 300-400 T€, um in allen Orientierungssportarten wenigstens eine vernünftige Basisarbeit leisten zu können. Das Ziel muss sein, diesen Betrag für alle Bereiche und Sportarten frei zur Verfügung zu haben. Spenden über die Fördervereine helfen Löcher stopfen - mehr aber auch nicht.

Im zweiten Teil werde ich mich mal intensiver den WM-Ergebnissen an sich widmen. Dazu folgt ein Vergleich der WM 2021 mit den Teilnehmerzahlen, Abständen und Ergebnissen der WM 2019 sowie der WM 2008 (ebenfalls in Tschechien). Vorab dazu: Die Staffel der Herren war eine herausragende Leistung aus deutscher Sicht, die Hoffnung auf mehr macht. Bei anderen Ergebnissen lohnt ein Vergleich der Teilnehmerzahlen, Rückstände und Gabelvarianten.