19. Januar 2025
Wenn sich für einen selbst die Lebensumstände ändern, dann wird man fast zwangsläufig in neue Richtungen geschoben. Das bedeutet auch, dass man sich mit neuen Themen auseinandersetzen muss und auch neue Denkansätze hat. Zum Thema Schutz im Sport hatte ich nun in den vergangenen Jahren immer wieder was geschrieben – nicht, weil es mein Lieblingsthema geworden ist, sondern weil sich aus meiner Sicht auf entscheidenden Ebenen nach wir vor kaum was ändert.
Der erwartbare neue Skandal bei den Turnern war mal wieder ein Anlass sich damit zu beschäftigen.
Hinterfragt habe ich mich zunächst selbst. Wie war das in der eigenen Kindheit?
Dort kann man eigentlich verschiedene Stränge erkennen. Grundsätzlich hat man immer einen gewissen Sonderstatus, wenn man auf seiner Schule als Sportfreak eingestuft wird. Damit einhergehend waren auch die Noten im Sportunterricht. Meine wurden vor allem in den älteren Jahren öfters nicht nach der Norm vergeben, da ich diese sowieso meist mit Leichtigkeit erfüllt habe. Es stand oft die Frage im Raum wie stark ich mich dabei angestrengt habe. Ansonsten hatte man dort in den ganzen Schulmannschaften etc. ein entspanntes Leben und war quasi unantastbar.
Auch auf Vereinsebene hatte man dort beispielsweise im Fußball als Leistungsträger einen entsprechenden Status und eine entspannte Kindheit und Jugend. Problematisch wurde es erst, wenn man dort ein paar Jahrgänge nach oben zitiert wurde und man sich dann auf einmal im Umfeld viel älterer Spieler wiederfand. Wenn einmal die gewohnte Umgebung fehlt, stellt man sich schon frühzeitig die Frage, ob der Erfolg im Sport über der Gemeinschaft steht – zumindest, wenn man zeitweise keinen echten Ansprechpartner hat. Wenn man dann in reiferen Jahren noch mitbekommt, dass einige von den bis heute medial viel gefeierten Trainern oder Ikonen analog zu einigen Mitspielern eigentlich ganz tiefgreifende Probleme haben und der gesamte Verein gefühlt nichts unternimmt, dann bekommt man dort schon frühzeitig einen Einblick darin wie so eine Gesellschaft im Mikrokosmos funktionieren kann. Es wird offensichtlich mitunter so lange weggeschaut, wie es geht. Wenn dann irgendetwas ans Tageslicht kommt oder etwas passiert, hat niemand etwas davon gewusst.
Beim Orientierungssport bestand von Anfang an die Frage, ob ich selbst bei den Erwachsenen mittrainieren darf und will oder gar nicht trainieren will, da es früher kein Kindertraining gab. So gesehen habe ich schon als kleines Kind sehr gute Fähigkeiten z.B. beim Ballfangen entwickelt, da ich keine Lust hatte immer der zuerst Abgeschossene bei Wurfspielen wie dem Völkerball (heute wohl 2-Felder-Ball) zu sein. Zumindest damals hat es nach meinem Eindruck noch niemand interessiert, wenn dort ein Kind die Hälfte des Trainings von der Seitenlinie zugeschaut hat. In den Folgejahren waren die Erlebnisse je nach Trainingsgemeinschaft sehr unterschiedlich.
Wichtig war in allen oben benannten Fällen, dass die sportlichen Aktivitäten stets von mir selbst ausgingen. Natürlich hat man gerade als Kind gewisse Vorbilder, an denen man sich orientiert. Es gab aber zu keinem Zeitpunkt Vorgaben darüber, wie intensiv ich etwas betreiben muss oder wie gut ich sein soll. Beim Orientierungssport habe ich dann, als sich meine Ambitionen entwickelten und die ersten Titel kamen, aus meinem Umfeld viel Unterstützung erhalten.
Der wirkliche Schutz kam in allen oben benannten Fällen im Prinzip aus der Gemeinschaft. Bis heute kann ich mich noch an unschöne Situationen erinnern. Das Fazit als Kind oder Jugendlicher war aber stets dies mit der Gruppe/Gemeinschaft Gleichaltriger zu lösen, bestimmten Personen aus dem Weg zu gehen oder zu einem Wettkampf nicht zu fahren. Ich denke so etwas ist in vielen anderen Sportarten nicht anders.
Interessanterweise sind einige von genau jenen Personen, die schon zu meiner Zeit als Kind oder Jugendlicher aus meiner Sicht gegen die gängigen Formen des Umganges verstoßen haben oder sich selbst persönliche Vorteile verschafft haben, heute als Trainer oder Funktionäre aktiv. So gesehen ist es aus meiner Sicht fast zwangsläufig die Konsequenz, dass sich diesbezüglich bei gewissen Entscheidungsträgern nur das Mindestmaß bewegt.
Natürlich gibt es auch Leuchttürme, wo sich etwas ändert, wo es Weiterbildungen auf Vereinsebene gibt, wo Verantwortliche benannt werden oder Initiativen wie „Safe Sport“ ausgerufen werden. Dort bleibt die Hoffnung, dass es damit in Zukunft nachhaltig in allen Sportarten besser wird.
Ich für meinen Teil habe mich entschieden mit allen denjenigen zusammenzuarbeiten, welche diese Basiskomponenten des Miteinanders einhalten, aktiv unsere Kinder und Jugendliche schützen und im entscheidenden Moment nicht wegschauen sondern ein klares Zeichen setzen.
Den anderen Personen gehe ich aus dem Weg, solange keine Grenzen überschritten werden.